Donnerstag, 22. November 2007

Zweiter Bericht aus Ecuador


Zweiter Bericht aus Ecuador

¡Buenos Dias!

Oder eigentlich muesste ich schon ¡Buenas Tardes! sagen, denn mit Guten Tag! wird man hier nur bis ca 13 Uhr begruesst, danach sagt man Guten Nachmittag! und ab ca. 19 Uhr Gute Nacht!. Kein Wunder hier ist ja auch das ganze Jahr ueber schon ab etwa 18 Uhr 30 dunkel...

In der Hoffnung, dass es euch allen gut geht, moechte ich euch nun endlich mal wieder ein paar Neuigkeiten von hier schicken. Hier also der zweite Bericht von meinem Ecuador Aufenthalt. Viel Spass beim Lesen!

Ecuadorianische Kultur, Sport und Feste

Nicht nur aus biologischer Sichtweise sondern auch fuer Ethnologen hat Ecuador viel zu bieten. Es gibt eine enorme Vielfalt von verschiedenen Kuluren. Grob kann man natuerlich zwischen der indigenen Hochlandbevoelkerung, den (teilwiese sehr von der Zivilisation zurueckgezogen) lebenden Bewohnern des ecuadorianischen Regenwaldes und den Kuestenbewohnern unterscheiden. Aber auch innerhalb dieser drei Gruppen gibt es unheimlich unterschiedliche Volksgruppen und Traditionen.

Neben der rein indigenen Bevoelkerung zaehlen die meisten Menschen zu den Mestizen, das heisst Abkoemmlinge mit zugleich indigenen und spanischen Genen. Letztere stammen von den Konquistadoren, die in der Zeit der Renaissance nach Suedamerika vorgedrungen sind.

Von den Bewohnern der Kueste sprechen die Menschen im Hochland oftmals als „monos“ (=Affen). Dies ruehrt vor allem an der verschiedenartigen Mentalitaet der Menschen in beiden Regionen. Auch wenn man natuerlich nicht verallgemeinern darf, faellt einem schon auf, dass man in der Sierra (=Hochland) etwas verschlossener und ruhiger ist, was nicht heissen soll, dass man hier nicht gerne feiert! Aber die Kuestenbewohner sind nichtsdestotrotz aufgeschlossener, etwas lockerer zugleich aber auch sehr viel aufdringlicher. So macht sich der Machismus zwar im ganzen Land bemerkbar, ist aber an der Kueste deutlich verstaerkt.

Anfang November hatte ich die Moeglichkeit, zu einer Kulturveranstaltung im Historischen Zentrum von Quito zu gehen. Gezeigt wurden traditionelle, ecuadorianische Taenze und auch traditionnelle Musik wurde gespielt. Es war aeusserst interessant, zuzuschauen und die farbenfrohen Kostueme zu bewundern. Zwischen den aus verschiedenen Volksgruppen stammenden Taenze waren schon einige Unterschiede zu bemerken!

Die Ecuadorianer insgesamt sind ein Volk, dass unheimlich gerne feiert. Zu Familienfeiern kommen (sofern die Familie es sich leisten kann) schnell einmal 300 Leute. Kein Wunder, denn die meisten Familien hier sind sehr gross und es gibt selten weniger als vier Onkels und Tanten, die wiederum meist drei bis vier Kinder haben. Allerdings hoert man auch oftmals, dass ein Bruder/ eine Schwester nach Spanien ausgewandert ist, weil dort der Verdienst einfach wesentlich besser ist.

Auf Feiern wird viel Alkohol getrunken. Ein traditionelles alkohloisches Getraenk ist Chicha, das aus gegorenerm Mais oder Yuka-Wurzeln hergestellt wird. Aber auch Mesclado ist sehr beliebt, ein Mixgetraeaenk aus Schnaps und einem Fruchtsaft. Natuerlich gehoert zu Feiern auch suedamerikanische Musik wie Merengue, Salsa etc.

Heute ist uebrigens meine letzte Salsa-Stunde. Seit vier Wochen hatten alle Freiwilligen zusammen einen Kurs in der Universitaet besucht. Mittlerweile klappt das Tanzen schon ganz gut und auch Drehungen koennen wir souveraen durchfuhren... Zu komplexeren Schritten sind wir aber bisher leider noch nicht gekommen. Da mir der Kurs aber Spass gemacht hat, werde ich ihn wahrscheinlich naechstes Jahr weiterfuehren...

Zum Leben in Ecuador gehoert unweigerlich auch Fussball. Die Ecuadorianer - egal ob Mann oder Frau – sind allesamt Fussballbegeisterte. Umso schlimmer ist es, dass die ecuadorianische Fussballmannschaft keines der letzten Spiele gewonnen hat. Immer mussten sie relativ hohe Niederlagen einstecken und die Chancen sich fuer die Weltmeisterschaft 2010 in Suedafrika zu qualifizieren werden von Mal zu Mal schlechter. Gestern war ich im Stadion Atahualpa in Quito um das Spiel der ecuadorianischen Nationalmannschaft gegen die peruanische Mannschaft zu sehen. Das Spiel war interessant obwohl die beiden Mannschaften nicht besonders toll gespielt haben. Wenigstens hat Ecuador jetzt endlich mal ein Spiel gewonnen (5:1)! Der Sieg war aber auch notwendig, gerade gegen Peru, einem Land das seit dem Inkareich immer ein Rivale von Ecuador war. Erst Mitte der 90er Jahre wurde ei Friendensabkommen zwischen beiden Laendern unterzeichnet...

Aber es wird nicht nur gerne Fussball geschaut, sondern viele Ecuadorianer spielen auch selbst. Sonntag treffen sich viele in den Stadien – auch Lumbisi hat Fussballplaetze – und spielen dort zum Spass oder in Mannschaften Fussball. Da meine Familie allerdings sportlich nicht sehr aktiv ist, bin ich schon einige Male mit den Familien anderer Freiwillige zum Spielen mitgegangen. Eigentlich mag ich ja Fussball nicht so gerne, aber nichtsdestotrotz macht es Spass...

Feiertage und Religion

Am 2. November war der Dia de los Difuntos (=Allerseelen). Am Feiertag selbst gibt es Familientreffen auf allen Freidhoefen des Landes. Die Hinterbliebenen saeubern die Graeber und schmuecken sie mit Blumen. Teilweise ist es Tradition den Verstorbenen ihre Lieblingsspeise am Grab zu servieren, allerdings wird dies nicht mehr so haeufig praktiziert.

In der Woche vor dem Dia de los Diffuntos bereiten alle Ecuadorianer Colada Morada (=Rote Gruetze) zu. Diese Gruetzer ist tatsaechlich so aehnlich wie rote Gruetze allerdings sind an Freuchten hauptsaechlich Brombeeren und Annanasstuecken enthalten. Zudem werden viele Gewuerze, die fuer mich einen weihnachtlichen Geschmack abgeben, hinzugefuegt. Es ist also eine weihnachtliche Rote Gruetze mit Annanas... J Zu der Colada Morada werden Huahuas de Pan (Brotfiguren) gegessen.

Ein weiterer (, religioeser) Feiertag, der am letzten Wochenende begangen wurde (17.-18.11.), war die Fieste del Quninche. Sie ist mit Pilgerwanderungen zu Ehren der Jungfrau von El Quinche verbunden. Aus Lumbisi brauicht man fuer die naechtliche Wanderung ca. 8 Stunden. Nach drei solcher Pilgerwanderungen hat man einen Wunsch frei, der einem angeblich von der Virgen de Quinche erfuellt wird. Ich bin allerdings nicht gewandert, da ich auf der Geburtstagsfeier von einem anderen Freiwilligen war...

Insgesamt ist Ecuador ein ueberwiegend katholisches Land. Es gibt viele katholische Kirchen und viele Kinder wie auch mein Gastbruder gehen samstags zum Katechismus. Meine Gastfamilie ist allerdings nicht ganz so aktiv und geht nicht jeden Sonntag in die Kirche. Allerdings haben wir dennoch letzte Woche ine Art Gebetsstunde bei uns im Haus gehabt. Einige Nachbarn sind gekommen zusammen mit einem Novizen. Dann wurde zunaechst einmal ueber die Evangeliumslesung des letzten Sonntagsgottesdientes gesporchen, anschliessend der Text der kommenden Messe gelesen und die Interpretation der Katholischen Kirche besprochen. Waehrend der ganzen Zeremonie herrschte eine lockere Atmosphere und jeder sollte sich, wenn moeglich, an der Auslegung beteiligen und sagen, was er verstanden hat. Zum Abschluss sollte jeder noch ein Zugestaendniss machen, worauf er in der naechsten Woche vermehrt achten moechte. Einige Dinge, die genannten wurden, waren sich mehr in Geduld zu ueben, mehr in Dialog mit anderen treten, mehr fuer die Schule zu lernen etc. Insgesamt war das eine interessante Erfahrung, allerdings werde ich sicherlich nicht jeden Mittwoch zu dieser Bibelstunde gehen...

Reisen in Ecuador II

Mitte Oktober bin ich Amazonasgebiet gefahren. Seihe dazu den Post „Reise ins Amazonasgebiet...“

Anfang dieses Monats bin ich mit allen anderen Freiwilligen das erste Mal an die ecuadorianische Pazifikkueste gefahren. In Tonsupa hat FEVI (die Organisation, fuer die ich arbeite) einige Cabañas, wo wir kostenguenstig wohnen konnten.

An der Kueste war es wesentlich waermer als in Quito. Trotzdem kam die Sonne nur vereinzelt durch die Wolken hindurch. Nichtsdestotrotz war das Wasser relativ warm, sodass wir viel Zeit in den Wellen im Pazifik zugebracht haben. Herrlich war es, am Strand zu liegen und ein wenig Kokosmilch oder einen Cocktail zu schluerfen. Natuerlich haben wir auch vom Nachtleben profitiert...

Allerdings war neben der anderen Mentaltiaet der Menschen (s. Ecuadorianische Kultur, Sport und Feste) auch die staerkere Armut hier zu bemerken. Abgesehen davon, dass man in keinem Restaurant Wechselgeld hatte und selbst das herausgeben von einem Dollar Wechselgeld schon ein mittegrosses Problem darstellte, war auch zu spueren, dass die Neigung zur Kriminalitaet erhoeht ist. In einigen Teilen der Stadt, waere man alleine nicht sher gerne unterwegs, da man sich einfach nicht sicher fuehlt. Auch bekamen wir die Kriminalitaet leider am eigenen Leib zu spueren, da aus zwei unserer Cabañas alle Wertsachen (Kameras, Geld und Handys) gestohlen wurden. Ich hatte Glueck, dass in meinem Haus noch ein Freiwilliger geschlafen hat, sodass die Diebe gar keinen Fuss ueber die Schwelle gesetzt haben und alle Sachen noch an ihrem Platz waren...

Zwar keine Reise aber doch die Besichtigung einer Sehenswuerdigkeit war die Besichtigung des Teleferico in Quito. Der Teleferico ist eine Art Seilbahn, die einen innerhalb weniger Minuten aus einer Hoehe von 2800m (Quito) aus mehr als 4000m Hoehe (Hausberg von Quito) bringt. Die Aussicht von dort ueber die Stadt ist super, allerdings waren wir leider Nachmittags dort, sodass es sich ca. 15 Minuten nach unserer Ankunft so stark zuzog, dass man nur noch weisse Wolken sehen konnte. Dennoch sind wir ein kurzes Stueck auf Pferden zu eunem kleinen Wasserfall geritten. Viele Fotos habe ich von dem ganzen leider nicht, da diese auf dem Chip einer in Tonsupa gestohlenen Kamera waren. Neben der fehlenden Aussicht ein Grund mehr noch einmal zureuckzukehren...

Arbeit fuer die Stiftung FEVI

Noch immer ist meine Hauptarbeit der Englischunterricht im Colegio Pedro Echeverria. Diese Woche wiederholen wir noch einmal alles, was wir bisher durchgenommen haben. Naechste Woche werden dann die Abschlussarbeiten fuer das erste Trimester, dass im Dezember endet, geschrieben. Es kommt also wieder viel Korrekturarbeit auf mich zu... Ich hoffe nur, dass ich mich naechstes Jahr nicht mit den ganzen Schuelern allein wiederfinde, da die Englischlehrerin mir erzaehlt hat, dass ihr Vertrag nur bis Dezember d.J. laeuft und sie ihn vielleicht nicht verlaengern wird...

Fuer ein wenig Abwechslung sorgt inzwischen der Donnerstag, an dem ich nicht in der Schule sondern im Buero der Organisation arbeite. Zum kann ich dort meine Arbeit in Ruhe erledigen, ohne staendig eine Gruppe von Schuelern unter Kontrolle zu halten, zum Anderen finde ich es sehr interessant, die Arbeit einer gemeinnuetzigen Nichtregierungsorganisation von innen heraus kennenzulernen. Nichtzuletzt bin ich dadurch auch fast immer auf dem letzten Stand der Dinge, was Aktivitaeten von FEVI angeht.

Am Wochenende arbeite ich oefters bei der Konstruktion eines neuen Gebauedes fuer den Kindergarten in Lumbisi oder dem Anlegen eines neuen Gartens fuer die Kinder und aelternen Menschen des Dorfes mit. Diese beiden Projekte sind teil der Gemeindeentwicklung, fuer die sich FEVI neben der Freiwilligenarbeit engagiert.

Zudem gibt es Interesse die deutsche Sprache zu erlernen. Dem Sohn vonm Maria-Teresa, der Praesidentin ovn FEVI, gebe ich seit einigen Wochen Deutschnachhilfe, denn er besucht die oesterreichische Schule in Quito. Demnaechst werde ich fuer die Lehrer meiner Schule einen Sprachkurs organisieren, wobei sie sich noch zwischen Franzoesisch und Deutsch entscheiden muessen.



Dann seid ihr jetzt auch schon wieder am Ende meines Berichtes angekommen. Ich sende euch ganz herzliche Gruesse hier aus Ecuador und freue mich jederzeit ueber Neuigkeiten von euch!

Bis demnaechst,
Euer Johannes